Kernelemente und Prinzipien des Spotify Modells
Zusammenfassung:
Das Spotify Modell beschreibt eine Art der Unternehmensstruktur, die zu mehr Agilität und effizienter Zusammenarbeit führt. Die Kernelemente sind Squads, Tribes, Chapters und Guilds, die das Unternehmen in selbstbestimmte Teams einteilen, zwischen denen ein regelmäßiger Wissensaustausch stattfindet.
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Inhaltsverzeichnis:
Schnelle technologische Entwicklungen, Polykrisen und sich immer wieder ändernde Kundenanforderungen sind mittlerweile fester Bestandsteil unserer heutigen Arbeitswelt. Viele Unternehmen setzen daher auf agile Arbeitsweisen, die nicht nur in der Softwareentwicklung zu mehr Produktivität, Innovation und Qualität führen.
Gerade Startups profitieren von einem agilen Mindset, mit kurzen Abstimmungswegen, schnellen Entscheidungsprozessen und einem Fokus auf eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Arbeiten. So skaliert oft nicht nur der Umsatz, sondern auch die Anzahl der Mitarbeitenden steigt an. Dabei kommt es immer wieder vor, dass chaotische Strukturen im Unternehmen entstehen, was wiederum die Leistung und Qualität des Unternehmens beeinträchtigt.
Wie können agile Unternehmen also sicherstellen, dass sie trotz schnellem Wachstum weiterhin effizient arbeiten und Vorreiter am Markt bleiben?
Eine Antwort darauf liefert das Spotify Modell.
Beim Spotify Modell handelt es sich um einen Ansatz aus der agilen Arbeitsweise. Mehr über das Thema agiles Arbeiten, gibt es in unseren Blogbeiträgen Agiles Arbeiten: Definitionen und Praxisbeispiele! Teil 1 und Agiles Arbeiten: Definitionen und Praxisbeispiele! Teil 2.
Das Spotify Modell
Der schwedische Streaming-Dienstleister Spotify hat 2012 offengelegt, wie seine Unternehmensstruktur und ‑kultur zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Diese Kombination und Weiterentwicklung von agilen Arbeitsweisen wie Scrum haben in der agilen Arbeitswelt viele Nachahmer gefunden, die das sogenannte „Spotify Modell“ auch im eigenen Unternehmen etablieren wollen.
Ganz so leicht ist es jedoch nicht.
Wer glaubt durch das Spotify Modell eine narrensichere Anleitung für eine erfolgreiche Unternehmensstruktur gefunden zu haben, muss seine Erwartungen etwas zurückschrauben. Einfach eins zu eins die Ansätze von Spotify zu übernehmen, führt nicht zum gewünschten Erfolg. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Bedürfnisse, die von einer individuellen Unternehmensstruktur und passenden ‑kultur bedient werden müssen. Dennoch hilft es, die Elemente und Prinzipien des Spotify Modells zu verstehen, um diese sinnvoll auf das eigene Unternehmen zu transferieren.
Kernelemente des Spotify Modells
Im Gegensatz zu Herangehensweisen, die versuchen dem Unternehmenswachstum mit bestimmten Methoden und Routinen wie Sprints oder Daily Scrums Herr zu werden, setzt das Spotify Modell auf eine agile Struktur im Unternehmen. Die Kernelemente sind dabei Squads, Tribes, Chapters und Guilds.

Abbildung 1: Die Kernelemente des Spotify Modells: Squads, Tribes, Chapters und Guilds
Squad
Als Squads werden kleine Teams (max. 8–10 Personen) bezeichnet, die
- selbstorganisiert,
- multidisziplinär und
- eigenverantwortlich
für eine langfristige Mission arbeiten.
Ähnlich wie in Scrum-Teams gibt es in jedem Squad einen Product Owner, der die Aufgaben priorisiert und einen Agile Coach, der dafür sorgt, dass das Squad effizient arbeiten kann. Elementar ist hierbei, dass Squads nicht nach den Scrum-Vorgaben arbeiten müssen, sondern selbstbestimmt ihre Arbeitsweise von der Ideenfindung und Planung bis zur Umsetzung frei wählen können.
Tribe
Mehrere Squads, die gemeinsam am selben Produkt/Service arbeiten oder deren Arbeit eng miteinander verzahnt ist, werden in Tribes zusammengefasst. Bei Spotify gibt es beispielsweise einen Tribe für die Benutzeroberfläche, in dem die einzelnen Squads an unterschiedlichen Bedienelementen (wie Seitenmenü, Abspielleiste und Musikvorschlägen) arbeiten. Jeder Tribe hat einen Leiter, der u. a. dafür verantwortlich ist, dass regelmäßige Meetings innerhalb des Tribes stattfinden, in denen sich die Squads zu ihrer Arbeit austauschen.
Chapter
In einem Chapter kommen alle Mitarbeitenden zusammen, die dieselbe Funktion ausüben oder eine ähnliche Expertise haben. Grob lassen sich Chapters mit den klassischen Abteilungen in einem Unternehmen vergleichen. So kann es beispielswiese jeweils ein eigenes Chapter für Softwareentwicklung, Design oder Marketing geben.
Die Mitglieder eines Chapters stehen in regelmäßigem Austausch miteinander, um ihre Erfahrungen und ihr Wissen miteinander zu teilen. Die Chapter-Leitung ist dabei für die stetige Weiterentwicklung der Chapter-Mitglieder verantwortlich.
Guild
Schließlich gibt es noch Interessensgruppen, die über einen Tribe hinweg miteinander im Austausch stehen, die sogenannte Guild. Auch hier liegt der Fokus auf dem Austausch von Wissen und Erfahrungen, der in regelmäßigen Meetings stattfindet. Das Ziel ist es dabei, das Unternehmen stetig weiterzuentwickeln und zu verbessern.
Prinzipien des Spotify Modells
Wenn die einzelnen Elemente des Spotify Modells einmal klar sind, klingt es eigentlich recht einfach: aus den Teams werden Squads, aus den Abteilungen werden Chapter, diese werden nochmal in Tribes zusammengefasst und Interessengruppen laufen unter der Bezeichnung Guild… So leicht geht es leider nicht.
Einfach nur die Namen in der Unternehmensstruktur zu ändern, ändert noch nichts an der Art und Weise wie die Mitarbeitenden zusammenarbeiten. Daher ist es essenziell, dass auch die Prinzipien, die hinter dem Spotify Modell stecken verinnerlicht werden. Diese beeinflussen das Denken und Handeln der Mitarbeitenden und somit die gesamte Unternehmenskultur.
Die Prinzipien des Spotify Modells lassen sich in (1) Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung, (2) Wissensaustausch und Weiterentwicklung und (3) ein gemeinsames Ziel zusammenfassen.
1. Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung
Das Spotify Modell führt nur dann zum Erfolg, wenn Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung wirklich gelebt werden. Dafür muss das Unternehmen den Mitarbeitenden entsprechendes Vertrauen entgegenbringen, Autonomie ermöglichen und diese aktiv fördern. Zudem ist es wichtig, in kleinen Teams und Projekten zusammenzuarbeiten und Abstimmungswege möglichst kurz zu halten. So wird sichergestellt, dass Entscheidungen schnell und effizient getroffen werden können, was zu mehr Flexibilität und Produktivität führt.
2. Wissensaustausch und Weiterentwicklung
Der Umgang mit Fehlern sowie das Bedürfnis voneinander zu lernen und sich stetig weiterzuentwickeln sind zentral für das Gelingen des Spotify Modells. Fehler dürfen nicht bestraft oder vertuscht werden. Stattdessen sollte eine Fail-Fast-Mentalität gelebt werden, die dazu ermutigt sich auszuprobieren, zu experimentieren und schnell Fehler zu machen, die direkt analysiert und behoben werden können. Ein ständiger Austausch im Unternehmen hilft dabei, von den Erfolgen, Erfahrungen und Fehltritten der anderen zu lernen und so alle an dem eigenen Wissen teilhaben zulassen. Auch hier müssen die Werte Transparenz und Offenheit elementar in der Unternehmenskultur verankert sein, um den Mitarbeitenden die Sicherheit zu geben, über Misserfolge zu sprechen und Neues zu wagen.
3. Gemeinsames Ziel
Damit die Mitarbeitenden intrinsisch dazu motiviert sind, ihre Energie in den Erfolg des Unternehmens zu investieren, muss ein klares Ziel definiert werden. Das Warum oder auch der sogenannte Purpose muss an alle Mitarbeitend klar kommuniziert und von ihnen verinnerlicht werden. Denn nur wer weiß, wofür er arbeitet, kann für sich selbst den Sinn dahinter finden. Noch stärker wird das Engagement der Mitarbeitenden, wenn sie selbst bei der Zieldefinition mitwirken und ihre eigenen Ideen einbringen können. So arbeiten sie für die selbstgesetzten Ziele, mit denen sie sich identifizieren.
Fazit
Das Spotify Modell ist ein Ansatz zur Umstrukturierung eines Unternehmens, um
✅ mehr Agilität und Flexibilität zu erzeugen,
✅ eine effektive Zusammenarbeit und klare Kommunikation zu ermöglichen und
✅ die anpassungsfähiger an Veränderungen im Markt zu werden.
Dabei sollte das Spotify Modell lediglich als Inspiration dienen und nicht blind auf das eigene Unternehmen übertragen werden. Ein stupides „Copy and Paste“-Vorgehen führt zu keinen Erfolgen, da jedes Unternehmen unterschiedlich ist und die für sich ideale Lösung selbst finden muss.
Wie das Spotify Modell erfolgreich auf das eigene Unternehmen angewendet werden kann, zeigen wir in unserem Blogartikel Wie nutze ich das Spotify Modell erfolgreich in meinem Unternehmen?.
Quellen
• Kniberg, H. (2014, 27. März). Spotify engineering culture (part 1). Spotify R&D. https://engineering.atspotify.com/2014/03/spotify-engineering-culture-part‑1/
• Kniberg, H. (2014, 20. September). Spotify engineering culture (part 2). Spotify R&D. https://engineering.atspotify.com/2014/03/spotify-engineering-culture-part‑2/