Mit Agilität, Veränderungen souverän meistern — Praxisbeispiel: Scrum
Zusammenfassung:
Der Begriff “Agilität taucht in unterschiedlichen beruflichen Kontexten auf. Oft stellt sich jedoch die Frage, was Agilität genau bedeutet bzw. wie eine agile Arbeitsweise in den Alltag integriert werden kann. Scrum als Methode für eine agile Arbeitsweise wird neben der allgemeinen Definition von Agilität aufgefasst und im Detail beschrieben.
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Inhaltsverzeichnis:
Was ist Agilität
Die Einführung und Umsetzung agiler Methoden im Arbeitsumfeld gestaltet sich oft als eine Herausforderung, da es eine Diskrepanz zwischen verschiedenen Unternehmen gibt. Einige Unternehmen haben bereits eine agile Arbeitsweise vollständig implementiert und leben sie konsequent. Andere versuchen seit einigen Jahren, agile Ansätze zu integrieren, während es bei wiederum anderen Unternehmen noch nicht einmal angekommen ist. Die Erfahrungen und Fortschritte in Bezug auf Agilität können stark von der spezifischen Unternehmenskultur und Branche abhängen, in der man sich bewegt.
Doch was genau steht hinter diesem Begriff und wie wird Agilität im Arbeitsleben angewendet?
Agilität verkörpert die Geschmeidigkeit, Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit von Organisationen und Individuen innerhalb Strukturen und Abläufen. Durch die Globalisierung und Digitalisierung dreht sich die Welt schneller. Dadurch sind Unternehmen immer mehr darauf angewiesen, festgelegte Prozesse in bestimmten Situationen zu unterbrechen bzw. zu überdenken und entsprechend anzupassen. Agile Unternehmen bevorzugen einen iterativen Ansatz und eine schrittweise Lieferung von Ergebnissen. Agiles Arbeiten bedeutet, dass ein flexibler und iterativer Ansatz für Projektmanagement und Zusammenarbeit gewählt wird.
Agiles Arbeiten
„Es fühlt sich an, als wäre man mit allen in einem Raum .“
Der Schwerpunkt beim agilen Arbeiten liegt auf der Anpassungsfähigkeit, der Zusammenarbeit und der kontinuierlichen Verbesserung während des gesamten Entwicklungsprozesses. Auch wenn der Satz “Es fühlt sich an, als wäre man mit allen in einem Raum” nicht direkt auf alle agilen Teams zutrifft, trifft er doch den Kern der engen Zusammenarbeit und Kommunikation, die agile Methoden fördern.
Im Folgenden werden die agilen Prinzipien erläutert und veranschaulicht, wie sie das Zusammengehörigkeitsgefühl in Teams fördern:
Funktionsübergreifendes Team
Agile Teams bestehen in der Regel aus Personen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Fachgebieten. Diese Vielfalt ermöglicht eine umfassende Herangehensweise an die Problemlösung und fördert das Gefühl der gemeinsamen Verantwortung. Dadurch, dass unterschiedliche Fähigkeiten vertreten sind, können die Teammitglieder voneinander lernen und effektiver zusammenarbeiten. Durch festgelegte Rollen weiß jeder was zu tun ist und kann die entsprechende Expertise einbringen. Dadurch entsteht ein gemeinsames Verantwortungsgefühl für den Projekterfolg.
Kollaboration und Kommunikation
Agile Methoden legen den Schwerpunkt auf häufige und offene Kommunikation. Die Teammitglieder führen regelmäßig Diskussionen, tauschen sich über den Fortschritt aus und geben Feedback. Diese transparente Kommunikation schafft Vertrauen, sorgt für Abstimmung und ermöglicht eine schnelle Entscheidungsfindung. Sie fördert das Gefühl, im selben Raum zu sein, auch wenn sich die Teammitglieder an verschiedenen Orten befinden.
Tägliche Stand-up-Meetings
Agile Teams halten tägliche Stand-up-Meetings ab, bei denen die Teammitglieder Fortschritte, Herausforderungen und Pläne für den Tag besprechen. Diese kurzen Besprechungen verbessern die Zusammenarbeit, halten alle Beteiligten auf dem Laufenden und umgehen mögliche Hindernisse. Die täglichen Stand-ups schaffen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, indem sie die regelmäßige Interaktion zwischen den Teammitgliedern fördern, so als ob sie sich alle im selben Raum befänden.
Agile Werkzeuge und Techniken
Agile Teams stützen sich auf verschiedene Werkzeuge und Techniken, um ihre Zusammenarbeit zu unterstützen. Digitale Plattformen wie Projektmanagement-Software, Aufgabentafeln und Instant-Messaging-Tools erleichtern die Kommunikation in Echtzeit und ermöglichen einen gemeinsamen Einblick in den Projektfortschritt. Diese Tools verbessern die Koordination, verhindern Unklarheiten und fördern eine virtuelle Umgebung, in der die Teammitglieder eng zusammenarbeiten können, obwohl sie räumlich voneinander getrennt sind.
Iterative Entwicklung und Feedback
Bei agilen Methoden liegt der Schwerpunkt auf der Bereitstellung von Wertbeiträgen in kleinen Schritten, die als Iterationen oder Sprints bezeichnet werden. Dieser iterative Ansatz ermöglicht es den Teams, häufig Feedback zu erhalten, notwendige Anpassungen vorzunehmen und das Produkt kontinuierlich zu verbessern. Regelmäßige Feedbackschleifen fördern die aktive Beteiligung der Teammitglieder und schaffen eine Umgebung, in der kollektive Entscheidungsfindung entsteht und das Gefühl der Einigkeit bei der Verfolgung der Projektziele verstärkt wird.
Insgesamt bedeutet agiles Arbeiten, dass man sich auf Zusammenarbeit, offene Kommunikation und Anpassungsfähigkeit einlässt. Durch die Nutzung dieser Prinzipien können Teams ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickeln, welches sie in die Lage versetzt, effektiv zusammenzuarbeiten und erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen.
Praxisbeispiel Scrum
„Scrum“ ist eine agile Arbeitsweise, die in einigen Unternehmen praktiziert wird. Was Scrum genau ist und wie dies als Arbeitsweise und Mindset funktioniert wird im nächsten Abschnitt beschrieben.
Im Jahr 1995 wurde zum ersten Mal das Verständnis des Scrum-Frameworks vorgestellt. Die Methode dient der besseren Zusammenarbeit im Team, um adaptive Lösungen für komplexe Probleme zu entwickeln. Scrum unterstützt Menschen und Teams dabei, in einer kollaborativen Art und Weise zusammenzuarbeiten und bietet eine Struktur, die in die Arbeitsweise integriert werden kann.
Drei Säulen
Scrum besteht aus insgesamt drei empirischen Säulen:
- Transparenz
Die zu entwickelnden Prozesse und Arbeit müssen für alle Beteiligten sichtbar sein. Eine Transparenz ermöglich Inspektion. Bei Scrum werden maßgebliche Entscheidungen aufgrund der aktuellen Situation der drei definierten Artefakte (Product Backlog, Sprint Backlog, Increment) getroffen. - Überprüfung
Die Scrum-Artefakte und der Fortschritt des Ziels, müssen regelmäßig und sorgfältig überprüft werden. So können Probleme und Abweichungen frühzeitig erkannt werden. - Anpassung
Wenn Faktoren eines Prozesses für die Zielerreichung inakzeptabel sind, ist es wichtig, den angewandten Prozess zu überdenken und entsprechend anzupassen. Diese Anpassung muss schnellstmöglich erfolgen. Daher sollte ein Scrum-Team alle Befugnisse haben, Abweichungen, die durch Inspektionen erkannt werden, sofort anzupassen.
Scrum-Werte
Der effektive Einsatz von Scrum setzt voraus, dass die Teammitglieder in der Lage sind, die fünf Scrum-Werte kontinuierlich zu verbessern und aktiv zu leben.
- Mut
- Fokus
- Engagement
- Respekt
- Offenheit
Zusammengenommen bilden die fünf Werte die Basis für den wohl wichtigsten Faktor in der agilen Arbeitswelt: Vertrauen.
Das Vertrauen als wesentliches Element verbindet die Zusammenarbeit innerhalb eines Scrum-Teams. Wenn kein Vertrauen gegeben ist, können sich Uneinigkeiten, Spannungen oder Einschränkungen ergeben, welche den Arbeitsprozess negativ beeinflussen können.
Das Scrum-Team verpflichtet sich dazu, gemeinsame Ziele zu erreichen und sich gegenseitig zu unterstützen. Die Hauptaufmerksamkeit liegt dabei auf der Arbeit in sogenannte Sprints (mehr dazu unten).
Scrum-Team
Ein Scrum-Team besteht aus maximal 10 Personen. Dazu gehören: ein Scrum-Master, ein Product Owner und die Entwickler. Alle Beteiligten haben ein gemeinsames Ziel: die Erreichung des Produktziels. Innerhalb eines Teams verwalten sich die Mitglieder selbst, das heißt, sie entscheiden intern, wer was, wie und zu welchem Zeitpunkt erledigen muss. Es gibt keine Hierarchien innerhalb eines Scrum-Teams.
In der untenstehenden Abbildung werden die Rollen der Mitglieder beschrieben:
Abbildung 1: Scrum-Rollen. Angelehnt an Inhalten aus: https://scrumguides.org/scrum-guide.html
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Rollen haben auch die Stakeholder einen gewissen Einfluss auf das Geschehen. Sie sind zwar kein Teil des Scrum-Teams, können aber zu einem Sprint Review hinzugezogen werden. Durch den Product Owner kann ein explizites Event bzw. Meeting für Stakeholder einberufen werden.
Scrum-Events
Scrum-Events sind die unterschiedlichen Meetings, Regeltermine und Prozesse, die beim Arbeiten mit Scrum zum Einsatz kommen.
Sprints
Ein Sprint beschreibt einen Arbeitszyklus, der regelmäßig wiederholt wird und aus unterschiedlichen Regelterminen (Sprint Planning, Daily Scrum, Sprint Review und Sprint Retrospective) besteht. Damit sind Sprints das Herzstück von Scrum, da während eines Sprints Aufgaben in Ergebnisse umgewandelt werden. Ein Sprint hat eine feste Länge. In der Regel dauert ein Sprint 14 Tage, darf aber nicht länger als ein Monat dauern. Sobald ein Sprint beendet wurde, beginnt der nächste Sprint. Es entsteht ein allgemeiner Turnus, in dem gearbeitet und das Ziel verfolgt wird. So können Entwicklungen schneller vorhergesehen und mögliche Anpassungen können zeitnah getätigt werden.
Alle Aufgaben, die für das Erreichen des Ziels notwendig sind, einschließlich Sprint Planning, Daily Scrums, Sprint Review und Sprint Retrospective, finden innerhalb von Sprints statt.
Während eines Sprints wird der Product Backlog verfeinert. Zudem dürfen keine Veränderungen vorgenommen werden, die das Sprint-Ziel gefährden und die Qualität der Arbeit/des Produkts darf nicht verringert werden.
Sprint Planning
Ein Sprint beginnt immer mit einem Sprint Planning. Dabei werden die Aufgaben des nächsten Sprints festgelegt. Der Product Owner, der Scrum Master und die Entwickler erstellen einen Plan in maximal acht Stunden. Folgende Fragen werden behandelt:
- Warum ist dieser Sprint wertvoll?
- Was kann in diesem Sprint getan werden?
- Wie werden die besprochenen Aufgaben erledigt?
Daily Scrum
Bei einem Daily Scrum wird in einem 15-minütigen Meeting der aktuelle Fortschritt auf dem Weg zum Sprintziel überprüft und gegebenenfalls angepasst.
Bei diesem Meeting nehmen nur die Entwickler teil. Um eine gewisse Routine zu erstellen, findet ein Daily Scrum an jedem Arbeitstag zur gleichen Zeit und am gleichen Ort statt.
Sprint Review
Das Sprint Review dient dazu, die Resultate des Sprints zu evaluieren und zukünftige Anpassungen festzulegen. Das komplette Scrum-Team präsentiert den aktuellen Projektstand an die wichtigsten Stakeholder des Projekts. Nachdem die Aufgaben, die zum aktuellen Zeitpunkt abgeschlossen sind, gemeinsam überprüft wurden und das Umfeld auf Veränderungen untersucht wurde, arbeitet das Scrum-Team zusammen mit den Stakeholdern an Aufgaben, die im nächsten Schritt angegangen werden müssen.
Sprint Retroperspective
Für eine Retroperspektive versammeln sich die Entwickler und der Scrum Master für maximal drei Stunden und überprüfen den Sprint in Bezug auf Personen, Interaktionen, Prozesse und Werkzeuge.
Der Zweck eines solchen Events ist es, Maßnahmen zur Qualitätssteigerung zu definieren und Effektivität zu planen.
Die Retroperspektive bildet den Abschluss des Sprints.
Scrum-Artefakte
Die Artefakte von Scrum repräsentieren entweder die geleistete Arbeit oder den geschaffenen Wert. Ziel ist es, durch die Artefakte Informationen zu liefern, um die Transparenz und den Fokus zu verbessern.
Untenstehend befindet sich eine Abbildung, die die drei Artefakte von Scrum widerspiegeln:
Abbildung 2: Scrum-Artefakte. Angelehnt an Inhalten aus: https://scrumguides.org/scrum-guide.html
In der nächsten Abbildung werden alle bereits benannten Elemente von Scrum und deren Verbindung genauer dargestellt:
Abbildung 3: Scrum-Übersicht. Angelehnt an Inhalten aus: https://scrumguides.org/scrum-guide.html
Diese Einführung in das Thema Agilität am Beispiel von Scrum dient dazu, ein allgemeines Verständnis für agiles Arbeiten zu schaffen. Zudem wurde die agile Arbeitsweise durch das praktische Beispiel Scrum verdeutlicht.
Im zweiten Teil der Blogreihe zur Agilität, wird das Kanban-Board als zweites Praxisbeispiel und unsere Erfahrungen aus dem Alltag näher beschrieben .
Quellen Teil 1 und 2
• Bendel, O. (2018). Agilität – Definition: Was ist Agilität? Accessed on 05/25/2023 at Gabler Wirtschaftslexikon: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/agilitaet-99882.
• Gladwell Academy (2022). What is SAFe? The Scaled Agile Framework – Part 1. Accessed on 05/25/2023 at Gladwell Academy – A Highberg Company: https://tinyurl.com/2ax448fb.
• Kanbanize (o. J.). Was ist ein Kanban-Board und wie wird es verwendet? Die Grundlagen. Accessed on 05/25/23 at Kanbanize: https://kanbanize.com/de/kanban-ressourcen/kanban-erste-schritte/was-ist-kanban-board.
• SAFe (o. J.). Business Agility. Accessed on 05/25/2023 at SAFe: https://scaledagileframework.com/.
• Scrum.org (o. J.). What is Scrum? Accessed on 05/25/2023 at Scrum.org: https://www.scrum.org/learning-series/what-is-scrum.
• Schwaber, K., & Sutherland, J. (2020). The Scrum Guide — The Definitive Guide to Scrum: The Rules of the Game. Accessed on 05/25/2023: https://scrumguides.org/docs/scrumguide/v2020/2020-Scrum-Guide-US.pdf#zoom=100.
• Schwaber, K., & Sutherland, J. (2020). The 2020 Scrum Guide. Accessed at Scrum Guides on 05/25/2023: https://scrumguides.org/scrum-guide.html.
• Unboxing Agile (2022). UA074 – How to SaFE: Einführung ins Scaled Agile Framework mit Dirk Jäger. Accessed on 05/25/2023 at Unboxing Agile: https://open.spotify.com/episode/511WcXVrBu2SQMJrGVkkEq?si=eKXalpAyRRCK3euc0wZ-sQ&utm_source=copy-link.
• Volbracht, T. (2020). #009 SAFe Agile Framework unter der Lupe | Kann man 1000 Entwickler agil skalieren? – Agiles Projektmanagement. Accessed on 05/25/2023 at Agiles Projektmanagement – Klartext für Zielerreicher: https://open.spotify.com/episode/4ojm6n2uLHt6kwBzLbwQzQ?si=_RthHJrxSg6CJb_LXxSqnA&utm_source=copy-link.